Station drei seiner Trainingsbesuche bei Unterallgäuer Vereinen führt den Kreisvorsitzenden Benjamin Adelwarth zu den Leichtathleten des TSV Mindelheim – zu einem besonderen Hallentraining
Memminger Zeitung vom 06.04.2023
Unterallgäu „So, jetzt könnt ihr dann die Arschbombe machen“, scherzt Bernhard Ruf zu der Gruppe Buben, die um ihn herumstehen. Was sich anhört, wie der Freifahrtschein für das Drei-Meter-Brett im Freibad, ist hier jedoch die Umschreibung für das richtige Landen auf der Matte.
Denn die jungen Burschen, die an diesem Abend in der Dreifachsporthalle des Maristenkollegs Mindelheim den Anweisungen von Bernhard Ruf folgen, üben gerade die Technik beim Stabhochsprung. Mittendrin steht auch einer, der alle Leichtathleten körperlich weit überragt: Kein Wunder, dass Benjamin Adelwarth deshalb eine der ganz langen Stangen nehmen darf.
Es ist die dritte Station auf seiner Tour, bei der der Kreisvorsitzende sämtliche Sportarten im Unterallgäu selbst testen will. Judo und Kegeln waren schon dran.
Diesmal also Leichtathletik. Dass das Training in der Halle stattfindet, sei kein Problem, sagt Bernhard Ruf. Seit 49 Jahren trainiert er den Mindelheimer Nachwuchs, mittlerweile ist er auch noch Lehrwart für Leichtathletik im Bezirk Schwaben. Seine Tochter, Bernadette Suiter, ist ebenfalls in der Halle. Sie unterstützt ihren Vater beim Training und übernimmt die Mädchengruppe, die parallel Hürdenlauf trainiert.
Benjamin Adelwarth aber startet zunächst beim Stabhochsprung. Die Stangen sind jeweils mit einem Tennisball am Ende versehen, um den Hallenboden nicht zu zerkratzen. Ehe es in Richtung Matten geht, heißt es warmlaufen und ein Gefühl für die Stangen zu entwickeln. So laufen die Sportler von einem Hallenende zum andern, mal mit der Stange auf Hüfthöhe, mal schräg nach oben gehalten. Manchmal seht es aus, wie ein Haufen Landsknecht beim Frundsbergfest, wenn sie mit den langen Spießen als „Igel“ in Stellung gehen.
„Es ist schon interessant, wie man an diesen Sport herangeführt wird“, sagt Adelwarth sichtlich beeindruckt. Da ist von „Arschbomben“ noch längst nicht die Rede. Die kommt erst ins Spiel, als es an die dicken Matten geht. Zunächst wird von einem Kasten aus die Landung mit dem Stab geübt. Danach kommt der Kasten weg, und es wird mit Anlauf geübt. Die Kunst dabei ist, mit dem Stab richtig einzustechen und den Anlaufschwung in Höhe umzumünzen. Schließlich fordert Reinhard Ruf die Arschbombe ein, also das Landen auf dem Hintern. „Das macht richtig Spaß“, zeigt sich Adelwarth begeistert. „Am Anfang hält man den Stab in der Hand und denkt sich: Das kann doch gar nicht funktionieren. Doch dann klappt es“, sagt Adelwarth, der technisch ansprechende Versuche auf die Matte bringt.
„Er stellt sich gut an“, lobt ihn Bernhard Ruf. Immerhin sei Stabhochsprung eine der schwersten zu trainierenden Disziplinen in der Leichtathletik. Aber auch eine die den Sportlern am meisten Spaß mache.
Er stößt an seine Grenzen
Nach einer Dreiviertelstunde wechseln die beiden Trainingsgruppen, und Bernadette Suiter übernimmt die Sportler für den Hürdenlauf. „Das ist eine technisch anspruchsvolle Disziplin. Denn technisch sauber laufen will gelernt sein“, sagt die 34-jährige, die seit vergangenen Herbst Trainingsstunden gibt. Die Hürden sind niedriger als auf der Stadionrunde. Schließlich geht es erst einmal darum, den richtigen Stil zu finden.
Zunächst gehen die Sportler über die Hürden, immer mit dem gleichen Bein zuerst. Dann, die Trainingsstunde neigt sich dem Ende zu, treten die Athleten paarweise gegeneinander an. Hier stößt Adelwarth dann doch an seine Grenzen, die Jungs sind ihm eine Nasenlänge voraus. Der Abstand zwischen den Hürden ist für sie leichter zu bewältigen als für einen Erwachsenen. Spaß gemacht hat es trotzdem.
„Ich war schon gespannt, was mich erwartet, schließlich verbindet man Leichtathletik eigentlich mit Freiluftsport“, sagt der BLSV-Kreisvorsitzende, der sich im Vorfeld gut informiert hatte. „Wir haben rund 2100 Leichtathleten im Unterallgäu, die in 16 Vereinen aktiv sind.“ Beim TSV Mindelheim sind es derzeit, laut Bernhard Ruf etwa 30 Sportler im Alter zwischen 10 und 30 Jahren, die zu den Trainingsstunden kommen. Denen wird nicht langweilig, denn das Programm, das Ruf und Co. anbieten, ist vielfältig. Sämtliche Disziplinen werden immer wieder trainiert. „Absolutes Highlight ist für die Kinder das Speerwerden“, sagt Ruf.
Das aber konnte er Adelwarth aus verständlichen Gründen in der Halle nicht zeigen. Dann doch lieber die „Arschbombe“.
Text und Bilder von Axel Schmdt